Nachdem ich einige Pauschalurlaube in Europa gemacht hatte, wollte ich mehr... ich wollte raus... die grosse, weite, bunte Welt, das wirklich Unbekannte und Fremde entdecken! Raus aus Europa, rein ins Unbekannte, neue Länder, fremde Kulturen, atemberaubende Landschaften, anders denkende und lebende Menschen kennenlernen... und das spontan, nicht bis ins letzte Detail durchgeplant und schon alles vorgebucht... das Fremde und Unbekannte zog mich irgendwie magisch an... schon immer! Ich wollte es mit meinen Augen sehen, nicht nur im Fernsehen oder im Buch darüber lesen...
...und so kam es, dass ich 2001 bei LTU Biet und Flieg auf einen Flug nach Kapstadt bot. Damals gab es noch LTU Biet und Flieg - für alle, die es nicht mehr kennen - bei LTU Biet und Flieg konnte man ein Gebot für einen Flug abgeben und bekam dann innerhalb eines Tages Bescheid, ob das Gebot angenommen wurde oder nicht - man musste dann aber auch innerhalb von 24 Stunden starten... also ziemlich spontan! Das ich Spontanität liebe, war das genau meins!
Mein Gebot wurde angenommen. Erst riesige Freude, die sich dann in ein "Oh Gott", was mach ich jetzt, verwandelte? Ich dachte mir, das hast du nun von deiner großen Klappe, die Welt entdecken, spontan... spontaner gings ja wohl kaum. Aber kneifen ging auch nicht, dafür war es jetzt zu spät. Ich war mega aufgeregt, noch nie war ich soooo weit weg! Und geplant hatte ich ja auch nichts, nicht einmal eine erste Unterkunft! Ohne mir weitere Gedanken zu machen, packte ich einen Riesenkoffer - ich hatte ja damals auch noch nichts anderes - und fuhr damit zum Flughafen.
15 Stunden später, gegen 23.00 Uhr landete ich in Kapstadt. Es war bereits stockfinster! Mir wurde mir klar, dass das alles doch ziemlich unüberdacht war - ich hatte diesen Riesenkoffer, keine Unterkunft und absolut keinen Plan! Da ich noch nie nur mit "Rucksack" - in meinem Fall ja Monsterkoffer - und so ungeplant unterwegs war, hatte ich natürlich keine Ahnung, wo ich nun hin sollte. Einen Reiseführer hatte ich natürlich auch nicht dabei, sowas brauchte ich ja bisher nie wirklich. Ich schaute mich um, ob es noch irgendwo Leute gab, die genau so dumm rumstanden wie ich und keine Ahnung hatten, wohin... Und siehe da... ich wurde recht schnell fündig. Gott sei Dank - es gab also noch mehr so Durchgeknallte wie mich ;-)
Zusammen nahmen wir uns ein Taxi und fuhren erstmal in die Innenstadt von Kapstadt, um uns dort eine Unterkunft zu suchen. Leider war das nicht so einfach, wie wir uns das vorgestellt hatten. Es war bereits später Abend und alle bezahlbaren Unterkünfte waren restlos ausgebucht. Super dachte ich mir, toller Plan, Hauptsache spontan! Soviel zur großen Klappe ;-) Letztendlich landeten wir in einem ziemlich abgefuckten Hostel, dort gab es zwar auch kein Bett mehr, aber der Inhaber war so freundlich und bot uns Matratzen an, auf denen wir im Flur schlafen konnten. Ok, dachten wir uns, bevor wir jetzt weiter rumsuchen, bleiben wir einfach hier, so schlimm wird es schon nicht werden. So übernachteten wir mitten im Flur auf völlig durchgelegenen Matratzen, in freudiger Gesellschaft unzähliger Kakerlaken!
Da war ich nun in Kapstadt - ohne Plan, mit meinem Monsterkoffer. Ich war traurig, enttäuscht und frustriert zugleich und schwupps kullerten auch schon die ersten Tränen. Was hatte ich mir eigentlich dabei gedacht? Wieso hatte ich mir so gar keinen Plan gemacht, darüber nachgedacht, was ich tun will, wo ich schlafen will, zumindest für die ersten Nächte? Ich fragte mich, was ich hier eigentlich mache und welcher Teufel mich da geritten hat, einen Urlaub zu machen, ohne vorher überhaupt einmal darüber nachzudenken! Was finden die anderen nur daran? Und dann dieser dämliche Koffer, wieso hatte ich den eigentlich mitgenommen? Alles in allem hatte ich mir das alles ein bisschen anders vorgestellt!
Am nächsten Morgen, ich hatte kaum geschlafen, fuhr ich erstmal zurück zum Flughafen, ich musste irgendwie diesen dämlichen Koffer loswerden. Ich packte ein paar Dinge in meinen kleinen Rucksack und parkte den Koffer in einem der Gepäckschließfächer, wo er auch den Rest des Urlaubes unangerührt liegen blieb. Ohne dieses Ungeheuer sah die Welt schon ganz anders aus!
Zurück in der Stadt frühstückte ich erst einmal in einem kleinen, süßen Café und unterhielt mich mit ein paar Leuten. Wenn man allein unterwegs und so eine kontaktfreudige Quasselstrippe ist wie ich ist, kommt man recht schnell mit anderen Leuten ins Gespräch. Schnell hatte ich eine andere Unterkunft gefunden... siehste... geht doch... dachte ich mir, der erste Schritt war getan. Perfekt, es konnte also weitergehen. Ich unterhielt mich mit ein paar Leuten, fragte was sie empfehlen könnten und recherchierte ein wenig im Internet. Ich überlegte mir, was ich sehen wollte, wie ich dahin kommen würde und organisierte mir Unterkünfte für die ersten Tage...ich hatte einen Plan, zumindest für die ersten Tage, der Rest würde sich schon ergeben und so war es auch :-)
Ich glaub spätestens am 3. Tag war ich mega begeistert von dem was ich tat... keine Spur mehr von Verzweiflung, Trauer oder Frust... Es war genial, keinen großen Plan zu haben, jeden Tag weiterzureisen und eigentlich nie wirklich zu wissen, wo man letztendlich landet. Ich traf immer mehr Leute, die mir Tipps gaben, wo es denn besonders toll wäre und schnell stellte ich fest, dass die Zeit viel zu kurz war und gar nicht ausreichte, um alles zu entdecken, was ich sehen wollte.
Ratzfatz waren die 2 Wochen rum und ich musste wieder heimfliegen... kaum zu Hause angekommen, überkam mich auch schon das Fernweh... mich hatte das Reisefieber erwischt, aber so richtig! Mir wurde klar, dass das eine Krankheit war, die mich mein ganzes Leben begleiten wird... was ich aber sehr gern in Kauf nahm! Ich hatte die Freude am Reisen und vor allem am Backpacking für mich entdeckt und so sollte es auch bleiben, allerdings zukünftig ohne Koffer ;-) Das hatte ich gelernt!